Inklusion in NRW: Kürzungen beim gemeinsamen Unterricht gefährden unsere Kinder
Als Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen möchten wir unsere Sichtweise auf die aktuellen Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen teilen. Seit 2013 haben unsere Kinder das Recht, gemeinsam mit anderen Kindern am Unterricht teilzunehmen. Dies war ein Meilenstein für die Inklusion in unserem Bundesland. Doch nun stehen wir vor einer beunruhigenden Situation: Die finanzielle Unterstützung für die Inklusion soll drastisch reduziert werden, von 60 Millionen Euro pro Jahr auf lediglich 10 Millionen Euro.
An Schulen im ganzen Bundesland erleben wir täglich, wie wichtig die Inklusion für unsere Kinder ist. In vielen Klassen sind Kinder mit besonderem Förderbedarf gemeinsam mit ihren Altersgenossen unterrichtet. Diese Einbeziehung ist nicht nur für die Entwicklung unserer Kinder entscheidend, sondern auch für ihre Zukunftschancen. Lehrer allein können die individuelle Betreuung nicht leisten, da es oft an Sonderpädagogen mangelt. Deshalb sind Inklusions-Assistenten und -Assistentinnen von unschätzbarem Wert. Sie tragen dazu bei, dass unsere Kinder sich besser konzentrieren können und aktiv am Unterricht teilnehmen können.
Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf in NRW nimmt stetig zu. Im letzten Schuljahr gab es etwa 158.500 Kinder, das sind neun Prozent mehr als 2018. Fast die Hälfte von ihnen (44 Prozent) besucht Regelschulen, und das ist genau das, was wir uns für unsere Kinder wünschen. Die meisten von ihnen haben Lernschwierigkeiten oder emotionale Entwicklungsstörungen3.
Um den Rechtsanspruch auf gemeinsamen Unterricht zu erfüllen, müssen die Kommunen erhebliche finanzielle Mittel in Schulgebäude und Barrierefreiheit investieren. Das Land hat sich gesetzlich verpflichtet, einen Teil dieser Kosten zu übernehmen. In diesem Jahr erhielt Jüchen etwa 95.000 Euro vom Land für seine Schulen, aber im kommenden Jahr plant das Schulministerium, diese Unterstützung auf nur noch 10 Millionen Euro zu kürzen.
Diese Kürzungen wirken sich nicht nur auf die Schulen, sondern auch auf die Kommunen aus. Unsere Kinder haben gesetzlich Anspruch auf einen Inklusionshelfer von der Kommune, doch die Finanzierung gestaltet sich kompliziert. Bisher gab es eine Inklusionspauschale vom Land, aber für den kommenden Haushalt wurde diese auf null Euro gekürzt.
Wir sind frustriert und besorgt, dass diese Kürzungen ausgerechnet während einer laufenden wissenschaftlichen Überprüfung vorgenommen werden. Diese Überprüfung soll ermitteln, wie viel die Kommunen für die Inklusion ausgeben. Doch es ist nicht richtig, die Schulassistenten und -assistentinnen, die entscheidend für das Gelingen der Inklusion sind, in dieser Phase zu gefährden.
Die Opposition, vertreten durch Silvia Gosewinkel, Inklusionsbeauftragte der SPD-Landtagsfraktion, teilt unsere Besorgnis. Sie betont, dass die Kürzungen politisch nicht gerechtfertigt seien und dass eine umfassende Strategie für die Inklusion in NRW fehle.
Schulministerin Dorothee Feller (CDU) sagt, dass sie die endgültige Entscheidung von den Ergebnissen der Überprüfung abhängig machen wird. Wir hoffen, dass sie sich der Verantwortung bewusst ist und die Zukunft unserer Kinder nicht gefährdet. Immerhin werden bisher bewilligte Gelder bis zum 01. Februar 2024 an die Kommunen fließen. Wir sind gespannt, wie viel Unterstützung letztendlich für die Inklusion in unsere Gemeinden und Schulen fließen wird.
UPDATE: Lesen Sie hier mehr zur überraschenden Wendung in der Inklusionsdebatte in NRW.
Ein weiterer Beitrag zu diesem Thema in der WDR-Sendung „Westpol“ vom 17.09.2023
https://www1.wdr.de/fernsehen/westpol/videos/westpol-clip-westpol-110.html
Quellen:
https://www.staedtetag-nrw.de/presse/pressemeldungen/2023/geplante-haushaltskuerzungen-system-inklusion-droht-zu-wankenhttps://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/schule-inklusion-sparen-100.html